Bereits in frühen Jahren werden Kinder darauf getrimmt, gute Noten in der Schule zu bekommen. Dieses Ziel steht über allem, was eine Kindheit so ausmacht. Gute Noten sorgen für Lob und Anerkennung. Doch sollte nicht jedes Kind ausreichend Lob und Anerkennung genießen dürfen? Gute Noten helfen den Kids dabei, sich ihre Freizeit selbst gestalten zu können. Wenn die Noten in den Schularbeiten passen, so dürfen sie länger mit Freunden spielen, dürfen auch mal in Kino und in manchen Fällen gibt es schon mal etwas mehr Taschengeld. Doch sollte es nicht selbstverständlich sein, dass Kinder mit Freunden spielen, mit ihnen etwas unternehmen, einen Kinobesuch beispielsweise, und dass sie mittels Taschengeld ihnen der Umgang mit unserer Währung beigebracht wird?
Vieles im Leben und der Erziehung unserer Kinder ist stark davon geprägt, wie der Notenspiegel im Zeugnis aussieht. „Wir wollen nur das Beste! erteilt uns dabei eine gewisse Absolution. Doch ist das Beste auch das Richtige?
Gute Noten, bereits in den unteren Jahrgangsstufen, sollen dazu beitragen, dass die Schüler die Möglichkeit erlangen, später einmal das Abitur zu bekommen. Danach steht einem Studium zum Arzt oder zum Juristen nichts mehr im Wege, so die landläufige Meinung. Natürlich nur, wer auch im Abitur die notwendigen Noten für den Numerus clausus mitbringt.
Den Kindern wird von früh an beigebracht, dass man in unserer Gesellschaft nur etwas wert ist, wenn man die Möglichkeit erreicht hat zu studieren und danach ein erfolgsversprechendes Studium folgt.
Doch nicht jeder ist dazu geeignet. In der Tat gibt es Menschen, die eher künstlerisch oder handwerklich begabt sind. Die in ihren jungen Jahren viel lieber basteln oder einfach Zeit auf dem Bolzplatz verbringen. Beim Spielen mit ihren Freunden und ganz nebenbei ihre Sozialkompetenz ausbauen. Ist dies denn inzwischen so falsch geworden? Der Leistungsdruck bei den Kiddies steigt. Und ich finde das spüren einige auch ganz deutlich. Doch sind sie deshalb Kinder zweiter Klasse?
Im Jungendalter geht die Tragödie weiter. Nach dem Schulabschluss, werden manche sich überlegen, welchen Studiengang sie nun anstreben wollen. Andere hingegen, diejenigen die das Zeug zum Abi nicht hatten, werden mit dem Leben konfrontiert. „Such´ dir einen Ausbildungsplatz, möglichst etwas wo du eine Perspektive hast“, werden viele von denen von ihren Eltern zu hören bekommen.
Im Freundeskreis der aus den Mitschülerinnen und Mitschülern besteh, kristallisiert sich wenige Monate später bereits eine Zweiklassengesellschaft. Dort sind diejenigen, die studieren. Sie erzählen von ihrem Studiengang, von dem Leben in einer Studentenwohnung und von Vorlesungen auf englisch. „Im Übrigen schaue ich mir inzwischen auch Filme auf englisch an“, erzählt einer von ihnen. Die anderen erblassen vor Neid, sagen aber nichts. Die lernen doch nur einen soliden Ausbildungsberuf.
Und dieses Spiel geht weiter. Die jungen Leute ziehen abends um die Häuser, treffen auf anderen junge Leute und manche finden sich gegenseitig attraktiv. Vielleicht ist eine Grundlage fürs Verlieben da. Sie kommen ins Gespräch und es ist häufig so, dass diejenigen die dann von ihrem Studium erzählen sehr viel mehr Beachtung finden, als diejenigen die sagen, dass sie eine Ausbildung zum KfZ-Mechaniker absolviert haben. Es wird gar nicht mehr darauf geachtet, was die jungen Menschen überhaupt ausmacht. Sie werden einzig und allein auf ihren beruflichen Werdegang reduziert. Denn dies sagt viel darüber aus, ob jemand bereits in frühen Jahren gute Noten in der Schule hatte oder nicht. Es sagt aber keineswegs etwas darüber aus, was für ein Mensch es ist, mit dem wir es zu tun haben.
All diejenigen, die das Abi nicht geschafft haben, die nicht studieren konnten, an all diejenigen, die niemals die Möglichkeit bekommen haben, nach dem Studium für sechs Monate eine Auszeit zu nehmen, um Australien erkunden zu können, ihr seid keine schlechten Menschen!
Ich finde, unsere Gesellschaft muss sich dringend ändern. Dahingehend, dass Kinder mit durchschnittlichen Noten genauso unsere Kinder sind, wie diejenigen mit 1er Noten. Wir dürfen es nicht für gutheißen, dass Jugendliche darüber beurteilt werden, ob sie studiert haben oder einen Ausbildungsberuf erlernt haben. Wir müssen stolz sein auf alle, die ihre Stärken für einen Beruf einsetzen, egal ob für dieses Studiert werden muss oder nicht.
Und ganz sicher sollten wir in den nächsten Jahren unser Schulsystem überdenken, welches das Phänomen der Zweiklassen-Kinder hervorbringt und dadurch maßgeblich das gesellschaftliche Bild der Ausbildungsberufe verschlechtert.
Wer gute Noten hat, hat es im Leben einfacher. Doch so einfach ist es eben nicht.
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